Einladung zu einer Tour an der Cote
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An der Riviera um 1900

Die schmale ligurische Steilküste des Golfes von Genua hat durch ihre klimatische Begünstigung Weltberühmtheit erlangt. Indem sich hier Alpen und Apenninen die Hand reichen und wie ein Sturmbock gegen alle die Himmelsgegenden stemmen, aus denen rauhe, ungünstige Wetter in der nördlich gemässigten Zone nahen können; indem sich in diesem nach Süden geöffneten Gebirgsbogen ein warmes Meer ausbreitet, das wie eine Warmwasserheizung wirkt und der milden Südluft Tor und Tür öffnet, dass sie sich schmeichelnd in diesem Winkel fängt; indem endlich auf die Küstengehänge durch die feuchtklare Seeluft hindurch das reinigende, heilende, warme Sonnenlicht fast das ganze Jahr lang auffällt, ist hier ein bevorzugtes Gestade, ein Sonnenland entstanden, das von Urzeiten her ein Lieblingsaufenthalt des europäischen Menschen gewesen ist. Nach der Sonne richten sich auch die Namen der Riviera, die von Spezia, dem italienischen Kriegshafen, bis Genua Riviera di Levante, des Aufgangs, von Genua bis Toulon hin, dem französischen Kriegshafen, Riviera di Ponente, des Niedergangs genannt wird.

Die wichtigste Stelle dieser Küste ist der innerste Winkel, von dem aus das städtereiche Ufer der beiden Rivieren auf dem Wasserwege nach allen Seiten leicht zu erreichen, zu versorgen und zu schützen war. Hier entstand Genua, eine Seestadt, die ihre Verbindungsfäden durch das ganze Becken des Mittelmeers im Mittelalter gezogen hatte und bis ins Schwarze Meer hinein gefürchtet war. Ihr verdankt es die ligurische Küste, dass sich perlschnurartig Ort an Ort ans Meer schmiegen konnte, während sonst die Gestade des Mittelmeers so leer sind, weil sich die Siedlungen landeinwärts zogen, aus Furcht vor "dem Korsaren, der die Küste verwegen durchkreuzt".

Die alte Feindin Genuas, Venedig, zeigt heute alle Spuren des Verfalls, hier aber herrscht auch unter dem veränderten neuzeitlichen Weltverkehr Leben, Schaffen, Aufschwung. Mit einem Aufwande von 20 Millionen Lire ist ein gewaltiger Hafendamm aufgeführt worden, um ein stilles Landungsbecken für die zahlreichen Schiffe zu schaffen. An der mauergeschützten Berguferwand bauen sich mit Gärten und Bogengängen die Häuser der Stadt bis 300 m hoch auf. Der Raum ist knapp, daher sind selbst die Palaststrassen so eng, dass man die prächtigen Schauseiten der Gebäude nicht mit dem Blicke umspannen kann; daher sind die Häuser fast alle in die Höhe gewachsen und oft zu turmartiger Entwicklung gediehen; daher sind freie Plätze im alten Genua sehr selten. Auch die Verbindung Genuas mit dem Hinterlande war trotz der hohen Berge gerade hier ziemlich günstig; die Eisenbahnen gelangen durch zwei tiefe Einschnitte im Kamme, "Bocchettas" genannt, die noch von Tunnels in 300 .. 400 m Höhe durchbohrt sind, nach der Stadt. Das Gelände der heutigen erweiterten Stadt ist natürlich ziemlich bewegt, aber die Technik überwindet diese Verkehrsschwierigkeiten durch Brücken und Tunnels auch für die elektrischen Bahnen, die den alten Stadtteil am Meere mit den neueren Vierteln am Berghange verbinden.

Der Reichtum, den der See- und Landhandel in die Stadt trägt, zeigt sich bis heute in dem Kunstsinne der Genuesen. Wie in allen italienischen Städten von einiger Bedeutung hat die Stadt ihren denkmalreichen Campo santo, er wird von vielen für den schönsten Italiens erklärt. Auch die Bauten und Denkmäler, z. B. das des Kolumbus sind Zeugen dafür.

Den anderen zahlreichen Orten der Riviera, ausser Savona etwa, fehlt vor allem die günstige Rückwärtsverbindung mit dem Hinterlande, sie haben dafür als Gesundungsstätten, als Lustorte eine hervorragende Bedeutung. Wegen des langen warmen Sonnenscheins, der allen Bakterien feind ist, wegen des milden Seeklimas ziehen sich während des nordischen Winters vornehme Kranke gerne zur Erholung in irgend einen der bekannten Kurorte wie Nervi, San Remo, Bordighera, Mentone usw. zurück; andere suchen diese herrliche südliche Landschaft rein zum Vergnügen auf. Das ist seit den Römerzeiten schon so gewesen. Zweierlei nur stört die Genesung der Kranken und die Lust der Reichen, der Mistral, ein kalter Fallwind von den Höhen der Seealpen, und der Staub, der sich auf den Landstrassen aus dem feinen Kalksteine der ligurischen Küste entwickelt. Doch sind manche Orte nach beiden Seiten hin von diesen Störenfrieden frei und deshalb am besuchtesten. Am meisten hat vielleicht die Gegend um Toulon durch den Sturzwind zu leiden. Am günstigsten liegt die Küste von Cannes bis San Remo. Hier beginnen an geschützten Stellen die Veilchen schon im Dezember zu blühen, die Schwalben versäumen ihre Südwanderung, und die Eidechsen vergessen ihren Winterschlaf. Denn Insekten sind zu allen Jahreszeiten wach und schwirren durch die warmen Lüfte.

Die Orte liegen meist tief in kleine rundliche Golfe geborgen, im innersten Winkel, oder hoch oben auf den felsigen Vorgebirgen. Wie Schwalbennester kleben die weissen Häuser mit ihren offenen Fensteraugen rund um die Marina, den Hafen, mit seinen Ruderbooten und Segelschiffchen, die dem Verkehr und dem geringen Fischfange dienen. Lose bekleidete Männer flicken ihre Netze am Ufer, Frauen und Mädchen kommen aus den Terassengärten, den Korb mit Anmut auf dem Haupte tragend, um auf dem Markte, auf den Steinfliesen am Brunnen ihre Früchte und Blumen feilzubieten. Braune Kinder jagen sich in den engen Gassen, zwischen den turmhohen Häusern, die oft 10 Stockwerke wegen des Raummangels haben, selbst in so kleinen Ortschaften wie Camogli.

Die Hochortschaften auf den Vorgebirgen tragen meist Ruinen alter römischer Villen, mittelalterlicher Wachttürme oder Lustschlösser oder scharen ihre Häuser um ein Kloster oder eine Einsiedelei mit einer Madonnensäule. Heutzutage sind diese vielfach von Hotels abgeläst worden, die Wachkastelle von Leuchttürmen, Wetterwarten, Signalstationen.

Soweit die Urgeschichte in graue Vorzeit hinaufleuchtet, findet sie an der Riviera auch Spuren des Menschen, der es sich an dem sonnenwarmen, von üppigem Pflanzen- und Tierleben überfluteten Gestade wohl sein liess.

Der Fürst von Monaco hat die Höhlen von Mentone sorgfältig und planmässig erforschen lassen. Seit der bekannte Anthropologe Rivière in einer dieser Höhlen ein menschliches Gerippe gefunden hatte, wurde die Frage, von welchem Alter die Ablagerungen in diesen Grotten mit ihren Gebeinen sein möchten, lebhaft in der Wissenschaft erörtert. Jetzt liegt über die Ergebnisse der neuen Untersuchungen in den Höhlen von Mentone ein vorläufiger Bericht von Prof. Boule vor, der sich zunächst hauptsächlich vom geologischen Standpunkte aus mit den dortigen Ausgrabungen beschäftigt. Prof. Boule begann seine Arbeiten in der noch fast unberührt gebliebenen Fürstenhöhle, wo die Ablagerungen mehr als 20m mächtig sind und zu unterst aus Meeresschichten bestehen. Die darüber liegenden Festlandschichten zeichnen sich dadurch aus, dass sie in ihrem oberen und mittleren Teile Reste von Renntieren, die bisher so weit südlich überhaupt noch nicht nachgewiesen waren, ferner vom Steinbock, vom Murmeltier und vom wolligen Rhinozeros enthalten. Diese Tiere sind Vertreter der Eiszeit.

Die unteren Schichten des Höhlenbodens bergen wesentlich andere Tierreste in sich, nämlich solche des Ur-Elefanten, der nach Merck benannten Rhinozerosart und auch eines Flusspferdes. Es ist nach der genauen Prüfung der Ablagerung ganz gewiss, dass hier das Meer früher wesentlich höher gestanden hat; beispielsweise hat man an einer Stelle, die jetzt 28m über dem Meeresspiegel liegt, deutliche Spuren der Wirkung von Brandungswellen entdeckt. Später muss dann durch den Rückgang des Meeres genügender Raum für den Aufenthalt der Elefanten, Nashörner und Flusspferde geschaffen worden sein. In der Kinderhöhle sind in jüngster Zeit drei menschliche Gerippe aufgefunden worden. Das erste ist von Fachmännern untersucht worden und hat eine merkwürdige ähnlichkeit mit dem Knochenbau der eingeborenen Australier. Es steckte in einer Erdschicht, die ausserdem Reste des Höhlenbären, der Höhlenhyäne, des Höhlenlöwen und des Merckschen Nashorns enthält. Das Alter jenes Menschen würde daher in die frühe Quartärzeit zu versetzen sein. Das zweite Gerippe wurde etwa 60cm über dem ersten ausgegraben und war von Resten der nämlichen Tierarten begeitet. Das dritte Gerippe lag dagegen volle 6 m über dem ersten. Sein Eigentümer muss daher wohl wesentlich später, nämlich gegen das Ende der sogenannten Eiszeit, gelebt haben und ist wahrscheinlich ein Zeitgenosse des Renntiers gewesen.

Das herrlichste Stück der Rivieralandschaft ist aber sicherlich der üppige Pflanzenwuchs. Es ist sehr schwer hier festzustellen, was einheimisch und was eingewandert ist; denn hier haben sich alle Pflanzen der Subtropen beider Erdhälften und viele der Tropen sogar ein Stelldichein gegeben; die Riviera ist dadurch ein botanischer Weltgarten geworden. Wer die Pflanzenwelt unserer Erde vom Renntiermoos der Tundra bis zur Dattelpalme der Sahara, von den Wiesenblumen und Wiesengräsern unserer Heimat bis zu dem Riesengrase der Bambusse und den Schlinggewächsen der Tropen kennen lernen will, der muss an diese Küste gehen. Der botanische Garten von La Mortola bei Mentone ist für diese Pflanzenzusammenkunft aus aller Welt mustergültig, aber auch in den Lustgärten der Schlösser und Landhäuser häufen sich die seltsamsten Gewächse aller Zonen: rosenumrankte Zypressen, in höheren Lagen unsere Obstbäume, australische blattlose Casuarinen und zitternde Eukalypten, der Teestrauch und der Kaffeebaum, Indigopflanzen und Zuckerrohr, Kampfer- und Zimtbäume, Agaven und Bambusse, neben dem Lorbeer des Apollo und der Myrte der Aphrodite usw.

In den künstlich bewässerten Baumgärten, die hier als Nutzflächen die Stelle der Felder einnehmen, gedeihen vor allem die silbergrauen charaktervollen ölbäume. Die Oliven werden herabgeschlagen, getrocknet und in den malerischen ölmühlen in den Gehängeschluchten zerquetscht: das feine Jungfernöl, die Maschinenöle, die Seifenöle, die Brennziegel aus den Rückständen sind die Früchte dieser Kultur und Industrie. Die Olivenhaine lassen genug Licht durch, dass sich der Boden mit einem Flor lieblicher Anemonen, Orchideen, Muskathyazinthen usw. bedecken kann.

Die Rebe weicht hier vor dem salzigen Seehauch zurück, erst in den Sandfeldern der Rhonemündung beginnt ihre Kultur bedeutend zu werden. Dagegen gedeihen in allen geschützten Lagen herrlich die Südfrüchte, jene Citrusarten, die aus Asiens Monsunländern hierher gebracht worden sind: Limonen oder Zitronen, Orangen oder Apfelsinen, Pomeranzen, Pompelmusen, Mandarinen. Die Hauptgebiete dieser Südfrüchte sind im Mittelmeere freilich Sizilien, Sardinien und die Balearen.

Die Fiederpalmen liefern Weihwedel für die Palmsonntagsfeier, tragen aber keine verwertbaren Früchte. Sie geben, wie z.B. die berühmten Scheffelpalmen (so nach Viktor von Scheffel genannt) bei der Zisterne von Bordighera, der Landschaft ein afrikanisches Gepräge: die Küste von Beaulieu bis Eza bei Nizza heisst tatsächlich Petite-Afrique, Kleinafrika.

Auf den Porphyrbergen des Esterel liefern die Edelkastanien gute Erträge; in den Tälern des Maurengebirges hinter Hyères gedeihen auf dem Urgesteine vortrefflich die Korkeichen, von deren Entrindung und Verarbeitung die Bewohner dieser Täler vorwiegend leben.

Die Blumenfülle der Riviera fliesst besonders während des Winters in alle nordischen Grossstädte ab. Der Blumenversand der französischen Riviera hat seit etwa 1850 grosse Ausdehnung gewonnen. Die Veilchenfelder von Hyères, die Anemonen-, Ranunkel-, Nelken- und Rosengärten von Cannes, Antibes, Nizza senden ihren Überfluss nach Norden. Im Frühjahre ist aber auch der einheimische Verbrauch sehr gross zu den Blumenfesten und Blumenschlachten des Karnevals in Monte Carlo und Nizza, im Sommer und Herbste zu den Korsofahrten der Automobile der vornehmen Welt dieser Vergnügungsorte.

Ganze Wagenladungen von Maiglöckchen, Veilchen, Nelken, Rosen und anderen starkduftenden Blüten aber werden in Cannes und Grasse zu Wohlgerüchen verarbeitet. Diese Luxusindustrie soll allein in Grasse einen Jahresumsatz an Blüten und ätherischen ölen von 30 Millionen Franken haben.

Die Eigenform der Rivieraflora ist aber die blütenübersäte Maquis oder Macchia, eine Art Strauchheide, die freilich durch die reiche Besiedlung sehr zurückgedrängt ist und den Gartenpflanzen fast überall hat weichen müssen. In unverdorbener Grösse und Schönheit kann man sie besonders in Korsika kennen lernen. Schmetterlingsblüten und Lippenblüten von leuchtender Pracht und würzige Düfte wie Ginster, Lavendel, Rosmarin: die weissen und roten zartblättrigen Cistrosen mit ihrem orangegelben Wurzelschmarotzer Cytinus, der ein Verwandter der sumatranischen Riesenblume Rafflesia ist; honigduftende Euphorbienbäumchen, weisstraubige Baumheiden, rotbeerige Wacholderbüsche, der ölstrauch, die Ilexeiche, der Erdbeerbaum, kletternde Aspargus und schlingende Smilax und Lonicera und viele andere Stauden und Büsche bilden ein von bunten Schmetterlingen, summenden Fliegen, raschelnden Eidechsen und Nattern belebtes Dickicht.

Der Wald ist durch einige kleinere Bestände der Strandkiefer, der Aleppokiefer, der Pinie spärlich vertreten, doch entschädigen diese gehegten Zapfenbäume durch den Balsamhauch, der weithin von ihnen ausgeht.

Diese üppige Pflanzenpracht, verstreut über die formenreichen Felsgesimse der steilen Bruchküste, die starre Alpenherrlichkeit, die von oben herabschaut mit ihrem Firnschnee, die flüssige Farbenglut des Meeres, die je nach der Beleuchtung durch alle Regenbogenlichter hindurchwandelt, die Fülle geschichtlicher Reste von grauester Urzeit an schaffen an der Riviera eine der schönsten und reichsten Landschaften dieser Erde.


Quellen: Viktor Hehn, Italien. Berlin 1896 ( Gebrüder Bornträger );
Eduard Strasburger, Streifzüge an der Riviera, Jena 1904 ( Gustav Fischer).
- zusammengefasst in: A.W. Grube, Geographische Charakterbilder, 20. Auflage, 1913

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